Was ist das für eine buntgemischte Truppe von 3- bis 6-Jährigen, die sich jeden Donnerstag gegen halb zehn Uhr in der Kita zusammenfindet? Leuchtende Augen, kleine Plappermäulchen, mühsam stillsitzende Zappel-Phillippe fragen: „Was hast du uns heute für eine Überraschung mitgebracht?“ Keine Süßigkeiten, keine materiellen Dinge sind gefragt, keine Computerspiele. Nein, der Wunsch, gemeinsam in die Wunderwelt der Märchen und Geschichten einzutauchen, führt uns zusammen.
Wenige Wochen nur, und ich war als „Lese-Oma“ adoptiert. Ob neue Zahnspange, ob Urlaubspläne, ob Streit mit der Freundin oder anderer kleiner Kummer – zuerst wird vertraulicher Austausch gepflegt, wie das in einer großen Familie so ist. Und dann geht’s richtig los: Abtauchen in die Fülle der Märchen und Geschichten. Was gibt es so ganz nebenbei zu lernen und zu erfahren: Was macht ein Schneider eigentlich, warum heißt das „Schneidersitz“? Also gleich alle mal ausprobieren! Welche Arbeit macht ein Müller, wozu gab´s ein Spinnrad, wie geht das mit der Wolke Wuschel und dem Wasserkreislauf? Fragen über Fragen – Geschichten über Geschichten, welche Freude schon bei der Auswahl der Bücher, da kommen die Erinnerungen an eigene Leseerfahrungen, an Lesestunden mit den Kindern und Enkeln – ein Weitergeben von Poesie, Zauber, Fantasie.
Und als ein kleiner Junge dann sagt, als ich ein eigenes Buch aus der Tasche ziehe: „Jetzt weiß ich, warum das Buch nicht in der Bibliothek war, als ich es mit meiner Mama ausborgen wollte! Du hast es immer noch!“ Dann weiß ich, der Funke ist übergesprungen. Das Lesen geht auch in der nächsten Generation weiter! Das macht mich einfach glücklich.
Das ist auch der Grund, warum ich versuche, viele andere Ehrenamtliche für das Vorlesen in Kitas und Horten zu begeistern, zu beraten und zu vermitteln.
Man braucht dazu außer Zeit nur zwei Voraussetzungen: Liebe zu Kindern und Liebe zu Büchern. Wir machen uns selber die Freude, die meist wunderschöne Kinderliteratur neu zu entdecken. Wir schenken den Kindern Zeit, Zuwendung und einen Schatz an Wissenszuwachs für ihr weiteres Leben.
Wie sagt man heute so schön? Eine typische Win-Win-Situation!
Dankeschön für die Geschichte an Godela Hein, Vorlesepatin und langjährige Koordinatorin der Vorlesepat:innen